Die gläserne Imkerei
Emil Schiele - Wielandstraße 11 - 89160 Dornstadt - Telefon 0171 / 1962862
10 Grundsätze für Imkerei und Naturschutz

Zur Diskussion gestellt.

Die Imkerei genießt in Deutschland ein sehr hohes Ansehen. Mehr als in anderen Ländern verbinden die Menschen mit der Bienenhaltung die Begriffe Natürlichkeit, ,,Naturnähe und Gesundheit". Honig und Wachs, Pollen, Propolis und Bienengift werden Heilkräfte zugesprochen.

Die ökologische Bedeutung der Honigbiene für den Naturhaushalt wird hervorgehoben und der Artenreichtum unserer Pflanzengesellschaften mit ihrer Bestäubungstätigkeit in Zusammenhang gebracht. Bienenhaltung erscheint dem Verbraucher als der letzte landwirtschaftliche Produktionszweig, der frei von Umweltbelastungen ist. Wären wir von der Varroatose verschont geblieben, könnten wir auch heute noch beruhigt in die Zukunft blicken.

In letzter Zeit übt die Öffentlichkeit jedoch vermehrt Kritik an den Betriebsweisen der Imkerei, da Honig nicht mehr grundsätzlich frei von Umweltgiften und Rückständen aus medikamentöser Behandlung ist. Ferner befürchtet man, dass in bestimmten Lebensräumen zu viele Bienenvölker gehalten werden und es in der Folge zu Beeinträchtigungen natürlicher Bestäuberpopulationen kommt. Dies wird z.B. von den großen Wandergebieten behauptet.

Die Imkerschaft steht vor dem Scheideweg: Reduktion der imkerlichen Tätigkeit auf kommerzielle Honigproduktion oder die Besinnung auf alte, ererbte Werte und Ziele. Es stellt sich die Frage, ob die Imker dem ökologischen Auftrag, der an sie gestellt ist gerecht werden? Das gesellschaftliche Ansehen der Imkerschaft und der Ruf des Honigs, als eines der letzten naturbelassenen Nahrungsmittel, stehen auf dem Spiel.

Die Zeit ist reif, sich einer umfassenden Selbstkritik zu stellen.

Vor diesem Hintergrund haben sich Imker aus einem Norddeutschen Landesverbands erstmals 1993 zum ,,Arbeitskreis Imkerei und Naturschutz" zusammengefunden und darüber diskutiert, welche Ziele und Inhalte Imkerei haben sollte, damit sie auch in künftigen Generationen ihrem ökologischen Auftrag gerecht wird. Forderungen, die der ökologische Landbau (z.B. Bioland, Naturland Demeter) an die Imkerei stellt, wurden im Arbeitskreis heftig und sehr kontrovers diskutiert. Das Ergebnis dieser Diskussion sind die nachfolgenden

,,10 Grundsätze einer bienengerechten Imkerei"

Wer erwerbsmäßig Bienen hält, also Erwerbsimkerei betreibt, muss zur Gewinnung von Honig, von den Grundsätzen einer bienengerechten Haltung abweichen und Eingriffe vornehmen, die die Harmonie des Volkes empfindlich stören können. Hier liegt der Unterschied zwischen der einfachen Bienenhaltung und der Imkerei. Imkerei stellt demnach einen Eingriff in das natürliche Gefüge des Bienenvolkes dar und nimmt vielfältigen Einfluss auf die Umwelt. Teils ist dieser Einfluss fördernd (Bestäubungstätigkeit), teils beeinträchtigend (z.B. mögliche Nahrungskonkurrenz). Wichtig erschien es, dass Imkerei und Bienenhaltung in einem gesamtökologischen Zusammenhang gesehen werden und ein Gleichgewicht zwischen ökologischem Nutzen und ökonomischer Notwendigkeit angestrebt wird.

Die ,,Grundsätze einer bienengerechten Imkerei" wurden formuliert, damit der Imker sich bei der Planung seiner Tätigkeiten versichern kann, dass er die Umweltbelastungen, die mit seiner Imkerei verbunden sein können und die Beeinträchtigungen, die hierdurch für die Harmonie im Bienenvolk entstehen, möglichst gering hält. Für seine Kunden und für die Diskussionen mit Natur- und Umweltschützern sollen sie Argumentationshilfen bieten.

Ich bitte alle Interessierten mit uns in eine sachliche Diskussion einzutreten, zum Wohle unserer gemeinsamen Ziele, der Förderung der Imkerei sowie des Erhalts der Honigbiene als einem der wichtigsten Bestäuber in unserem Land.

Grundsatz 1

,,Sachkunde ist die Grundlage einer bienengerechten Imkerei!"

Nur derjenige Imker ist in der Lage, seine Imkerei nach guter fachlicher Praxis zu führen, der über ein fundiertes Grundwissen verfügt. Er sollte regelmäßig an Aus- und Fortbildungsveranstaltungen z.B. der Verbände und Institute teilnehmen. Er sollte seinen Wissensstand über das Studium von Lehrbüchern und Fachzeitschriften aktualisieren. Er ist über die gesetzlichen Grundlagen, die die Bienenhaltung und Honigvermarktung betreffen, umfassend informiert. Die Betriebsweisen sind an den Bedürfnissen des Bienenvolkes auszurichten. Hierzu muss der Imker Verhalten und Ökologie der Honigbienen kennen. Zum Nachweis dieser Kenntnisse sollte ein Fachkundenachweis gefordert werden. Nur Imker mit hohem Kenntnisstand sind in der Lage, Erkrankungen rechtzeitig zu erkennen und im Sinne einer "bienengerechten Imkerei" zu bekämpfen und damit eine hohe Qualität der Bienenprodukte zu sichern.

Grundsatz 2

Die Betriebsweisen orientieren sich an der Biologie der Honigbiene!

Maßnahmen, die das Volk in eine unnötige Stresssituation versetzen, sind zu vermeiden. Eingriffe in das Bienenvolk sind auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die verschiedenen Methoden der Jungvolkbildung sind erlaubt, sollten jedoch vornehmlich bei teilungswilligen Völkern vorgenommen werden. Kunstschwärme kommen der natürlichen Vermehrung der Bienen am nächsten und sind daher zu bevorzugen. Die Verwendung von Absperrgittern widerspricht den biologischen Ansprüchen der Bienenvölker. Die Vereinigung ist zur Sicherung des Überlebens der Völker sinnvoll. Das Brutnest sollte weitgehend unberührt bleiben. Wanderungen sind weitgehend zu vermeiden, da hierdurch die Völker aus ihrem natürlichen Lebensraum und -rhythmus herausgerissen werden. Eine "bienengerechte Imkerei" ist daher eine Standortimkerei.

Grundsatz 3

Die Betriebsweisen sind umweltverträglich!

Eine Massierung von Bienenvölkern, die zu einer Beeinträchtigung der natürlichen Bestäuberpopulationen führen könnte, ist zu vermeiden. Bei der Auswahl von Bienenständen soll darauf geachtet werden, dass die Dichte der Bienenvölker den Trachtverhältnissen entspricht. Hierzu ist eine Kartierung der Bienenvölker notwendig. Um längere Anfahrtswege verbunden mit hohem Kraftstoffverbrauch zu vermeiden, sollte der Standort der Bienenvölker wohnortnah gewählt werden. Bienenstände sind so anzulegen, dass Beeinträchtigungen der Umwelt durch Anfahrt oder Tätigkeit am Bienenstand vermieden werden.

Grundsatz 4

Gerätschaften aus natürlichem Material sind zu bevorzugen!

Bienenbeuten sollten vornehmlich aus Holz gefertigt werden, da Holz auch unter natürlichen Bedingungen den Bienen als Wohnraum dient. Strohbeuten sind aus seuchenhygenischer Sicht bedenklich. Der Anstrich von Bienenbeuten und Ständen erfolgt, wenn notwendig, nur mit umweltfreundlichen, lösungsmittelfreien Farben. Materialien, die teilweise oder ganz aus Kunststoff gefertigt wurden, sind zu meiden. So sind z.B. Beuten, Zusetzkäfige oder Mittelwände aus Plastik abzulehnen. Zur Lagerung und Pflege von Honig sind Behältnisse aus Edelstahl, Glas und Kunststoff, sofern diese für die Lebensmittelaufbewahrung zugelassen sind, die geeigneten Materialien.

Grundsatz 5

Bei der Gesundheitsvorsorge werden natürliche Heilverfahren bevorzugt angewendet!

Die Behandlung von Bienenkrankheiten mit Medikamenten ist nur in solchen Fällen sinnvoll, in denen der Fortbestand der Imkerei gefährdet ist. Die Gesunderhaltung der Völker ist meist über betriebliche Maßnahmen ausreichend gesichert. Die Völkerführung hat so zu erfolgen, dass eine Behandlung mit rückstandsproblematischen Medikamenten überflüssig ist! Die natürlichen Abwehrkräfte der Völker sind zu fördern. Nur gesetzlich zugelassene Behandlungsmethoden dürfen eingesetzt werden. Sauberkeit am Bienenstand und in Betriebsräumen genügt den lebensmittel- und seuchenhygenischen Anforderungen.

Grundsatz 6

Die Zucht hat eine vitale und dem Standort angepasste Biene zum Ziel!

Es sind all jene Methoden erlaubt, die eine systematische und erfolgreiche Auslese gewährleisten. Die Zucht soll auf heimische Bienenherkünfte zurückgreifen. Die Einfuhr nicht heimischer Bienenrassen oder -herkünfte ist wegen möglicher Faunenverfälschungen nicht wünschenswert. Auf künstliche Besamung soll verzichtet werden.
Zuchtziele einer "bienen-gerechten Imkerei":
1. Vitalität und natürliche Abwehrkraft gegen Erkrankungen insbesondere Varroatoleranz.
2. Sanftmut (friedfertige Bienen erleichtern die Bearbeitung und wirken positiv auf die Akzeptanz in der Bevölkerung).
3. Wabenstetigkeit (erleichtert die Führung der Völker).
4. Wabenhygiene, Putztrieb (zur Gesunderhaltung und Abwehr von Krankheiten).
5. Schwarmträgheit (schwarmlustige Bienen werden im besiedelten Bereich nicht toleriert).
6. Honigertrag primär als Maß für die Vitalität und Angepasstheit des Bienenvolkes.

Grundsatz 7

Honig ist so zu behandeln, dass seine natürlichen Eigenschaften erhalten bleiben!

Die Honigentnahme stellt den größten Eingriff in die Harmonie des Bienenvolkes dar. Sie hat daher schonend zu erfolgen. Den Völkern ist immer genügend Futtervorrat zu belassen. Der Brutbereich bleibt ungestört. Die Pflege des Honigs beschränkt sich auf Sieben, Klären und Rühren. Honig sollte nur in Glas, Lebensmittelkunststoff oder Edelstahlbehälter gelagert werden. Honig ist vor Licht sowie vor Luft und Wärmeeinwirkung zu schützen. Honig ist so abzufüllen, dass eine Erwärmung überflüssig ist.

Grundsatz 8

"Bienengerechte Imkerei" dient dem Schutz der Honigbiene als einem natürlichen Bestandteil unserer heimischen Lebensräume!

Bienenstände sollen in Größen und Verteilung den örtlichen Trachtverhältnissen angepasst sein. Imkerorganisationen sollen in ihrem Bereich eine Kartierung der Bienenstände vornehmen und bei der Auswahl der Standorte im Sinne einer flächendeckenden Verteilung und einer Minimierung der Umweltbelastungen beraten. Sie nehmen ihren ökologischen Auftrag wahr, Bienenvölker zur Bestäubung bereitzustellen.

Grundsatz 9

"Bienengerechte Imkerei" strebt eine flächendeckende und standortgerechte Verteilung der Bienenstände an!

In freiwilliger Selbstbeschränkung verzichten Imker auf die direkte Anwanderung solcher Naturschutzgebiete, deren Zweck in der Sicherung des Bestandes bestimmter Bestäuberinsekten liegt. Sie verzichten auf eine Massierung von Völkern. Völkerführung und Auswahl der Königinnen erfolgen so, dass keine negativen Einflüsse durch die Sammeltätigkeit der Honigbienen auf andere Bestäuberinsekten ausgeübt werden. Standortangepasste Bienenherkünfte, ausreichende Futterversorgung, vor allem Pollen sowie ein den klimatischen Verhältnissen und den Trachtgegebenheiten angepasster Brutumfang minimieren die Einflüsse auf andere Bestäuber.

Grundsatz 10

Jeder Imker soll sich über seine Imkerei hinaus dem Natur- und Lebensschutz widmen!

Jeder einzelne Imker soll sich für seinen Bereich und im Rahmen seiner Möglichkeiten im Natur- und Umweltschutz angagieren. Seine Aufgaben liegen hier nicht nur in einer Verbesserung der Nahrungsgrundlagen für die Honigbiene. Der Imker soll vielmehr über diesen engen Bereich hinaus, seine Kenntnisse auch in anderen Bereichen zur Verfügung stellen. Natur- und Umweltschutz ist primär Selbstschutz des Menschen und sollte als Lebensschutz verstanden werden. Er soll die Bevölkerung über ökologische Zusammenhänge, die den Bereich der Bienenhaltung betreffen, aufklären. Er soll sich für eine Verbesserung der Nahrungsgrundlagen aller bestäubenden Insekten einsetzen. Er soll sich vor allem dem Schutz der Waldameisen, Wildbienen, Hornissen und Wespen widmen. Er soll sich in Naturschutzverbänden angagieren. Er soll bienenkundliche Interessen bei der Landschaftsentwicklung vertreten.

Was man von einem Imker erwartet
10 Grundsätze für Imkerei und Naturschutz
Wo steht die Honigbiene
im Gefüge der Natur
Vorsicht - Unfallgefahr
in der Imkerei
Das Jahr des Imkers von
Januar bis Dezember